Rhodes Taken: Die vielen Comebacks des Rhodes Piano

Irgendwo auf einer alten Festplatte befindet sich noch mein Interview mit Harold Rhodes aus dem Jahr 1986, das ich in seinem Haus in Südkalifornien geführt habe, während seine Frau Margit sich liebevoll um ihn kümmerte und uns Tee servierte.

Das volle Gespräch ist in meinem Buch Keyfax Omnibus Edition nachzulesen, aber ich möchte hier kurz zusammenfassen, dass das legendäre Fender Rhodes E-Piano zuerst im Jahr 1942 auf einem US-Militärstützpunkt in die Welt trat, als ein Schimmern in den Augen und Ohren des angehenden Fluglehrers Harold Rhodes.

Nach dem Krieg wurde aus seinem Konzept ein wirkliches Klavier—zunächst in das 32-stimmige Piano Bass. Er war allerdings kein besonders guter Geschäftsmann und verkaufte 1959 die Rechte am Piano Bass und allen nachfolgenden Modellen an Leo Fender, dessen Unternehmen wiederum 1965 von CBS aufgekauft wurde.

Fender-Rhodes Mark 1 Stage Piano | Reverb Demo Video

Obwohl sieben Rhodes-Piano-Modelle von verschiedenen Firmen hergestellt wurden, ist das klassische Fender Rhodes, das wir heute kennen und lieben, das Mark I Stage 73, das 1970 eingeführt wurde.

Es war dieses Modell, das die Musikwelt im Sturm eroberte und in Pop, Rock, Funk und Jazz gleichermaßen beliebt war. Bis Mitte der 80er Jahre war es das Piano schlechthin, eine Ehre, die es sich nur teilweise mit dem Wurlitzer E-Piano teilen musste. Ab dann konnten aber sein Gewicht (45 kg), Soundvielfalt (nur der eine) und die Zuverlässigkeit (ständige Wartungen erforderlich) den massiven Angriffen polyphoner Synthesizer und digitaler gesampelter Klaviere, auf denen der Rhodes-Sound durch die Bank weg zum zweiten Preset direkt nach akustischen Pianos geworden war, nicht mehr standhalten.

red rhodes mark 7
Autor Julian Colbeck spielt ein Rhodes im Alter von 21 Jahren.

Ich sage es mal so: Ich liebte mein Stage 73—das ich 1973 in Rod Argent's Keyboardladen in London für etwa 450 Pfund gekauft hatte—und habe es auf vielen Aufnahmen gespielt, darunter Charlies "L.A. Dreamer", meine Hommage an Ray Manzareks bahnbrechendes Intro zu "Riders On The Storm". Aber 1983 habe ich es aus den oben genannten Gründen einfach unter dem Haus, in dem ich in Glendale wohnte, liegen lassen. Wahrscheinlich ist es da immer noch.

In den nächsten zwei Jahrzehnten blieb der Rhodes-Sound ein Klassiker und alle die ein echtes Instrument haben wollten, konnten ein Mark I für etwa 300 bis 500 Dollar erwerben. Ersatzzinken—dünne Metallstäbe, die von harten, gummibestückten Hämmern angeschlagen werden, um den Klang zu erzeugen—waren noch reichlich vorhanden und es gab genügend Rhodes-Reparateure, um die Instrumente am Laufen zu halten.

red rhodes mark 7
Rhodes Mark 7

In der Zwischenzeit war Harolds Name von CBS-Boss Bill Schultz an Roland verkauft worden, und zwar unangemessener, wenn nicht gar katastrophaler Weise. Dankenswerterweise gab Roland die Rechte an Harold zurück, nachdem Harolds Freund und Geschäftspartner Joe Brandstetter darum gebeten hatte. Unter dem Banner der Rhodes Music Corporation brachte Brandstetter 2008 ein Mark 7-Modell heraus, komplett mit MIDI.

Es war ein recht anständiger Versuch, allerdings wurde es zunehmend schwieriger, Pianos zu einem realistischen Preis zu produzieren, da der Sound weiterhin von modernen Synthesizern—insbesondere dem Yamaha Motif und Nord Stage—abgedeckt wurde und gebrauchte Mark I, Mark III und Mark V (bis vor ein paar Jahren) immer noch 300 bis 500 Dollar kosteten. 2012 gab die Rhodes Music Corporation die Herstellung von Klavieren auf und Brandstetter konzentrierte sich auf den Schutz des Namens und der Marke Rhodes.

Was hat sich also geändert? Zunächst stiegen die Preise für original Rhodes-Pianos. Wie verrückt. Ich habe ein Mark I im Jahr 2013 für 300 Dollar gekauft. Jetzt würde man wahrscheinlich das Zehnfache dafür bezahlen. Zweitens hat Brandstetter das Exklusivrecht zum Verkauf lizenzierter Rhodes-Samples an Loopmasters, die britische Sample- und Sounddesign-Firma, vergeben. Im Jahr 2020 verkaufte Matt Pelling Loopmasters an Beatport, und Brandstetter bot Pelling eine Lizenz zum Bau und Verkauf von Rhodes-Pianos unter dem Namen Rhodes an.

Pelling gründete 2021 die Rhodes Music Group Ltd. mit Sitz in einem Vorort von Leeds in Nordengland. Er rekrutierte ein hochkarätiges Team, um den Instrumenten-Klassiker wieder aufleben zu lassen: Rhodes-Reparaturspezialist Dan Goldman als Chief Product Officer, Axel Hartmann von Hartmann Neuron, der für das externe Design zuständig ist, und Elektronik-Guru Cyril Lance, der Bob Moogs rechte Hand war, als Senior Electronics Engineer.


Vintage Rhodes kaufen

Jetzt kann dieser Artikel leider kein Testbericht über das MK8 sein, da das Instrument noch nicht in Produktion ist. Ein Dutzend Instrumente wurden hergestellt, aber nur für Beta-Tests. Die Produktion sollte im Mai oder Juni in vollem Umfang anlaufen und wer heute eines bestellt, kann es im dritten Quartal 2022 erwarten.

Heute bestellen, höre ich euch fragen? Richtig—wer ein Rhodes MK8 bekommen will, kann auf rhodesmusic.com gehen und sich das eigene Wunschinstrument zusammenstellen. Zu den Optionen gehören die Farbe des Deckels (12 stehen zur Auswahl), entweder klassisches Pappelholz mit Tolex-Beschichtung oder amerikanisches Walnussholz für die Unterschale und ob man nur den Vorverstärker oder die gesamte Effektsektion mit (analogem) Kompressor, Chorus, Phaser und Delay (Bucket-Brigade) wünscht.

rhodes mk8
Rhodes MK8

Früher haben wir einen MXR Chorus, einen Mutron oder einfach beides verwendet. Die Effekte kosten zwar 1.000 Dollar mehr als der Grundpreis, aber angesichts der Kosten für Vintage-Pedale und des Aufwands, sie anzuschließen und zu betreiben, würde ich nicht zögern, die Effektoption zu wählen.

Abgesehen davon ist eine der beeindruckendsten Seiten des MK8 seine verblüffende Fähigkeit, wie ein Synthesizer zu klingen—Ha, Rache!— und das alleine mit den Standard-Klangeinstellungsreglern: Vorverstärker, Equalizer und Vari-Pan. Das ursprüngliche Mark I Stage hatte keinen Vorverstärker, und der Sound kann ziemlich dumpf sein. Die smarten Kids—ja, ich war tatsächlich mal sowohl jung, als auch smart—holten sich das Dyno-My-Piano-Mod, das einen Vorverstärker mit EQ hinzufügte und auch die notorisch unberechenbare Mechanik des Klaviers optimierte.

control face of the rhodes mk8, left side
Rhodes MK8

In den 70er Jahren ging ich mit Charlie auf Tour, als Support für die Doobie Brothers, bei denen es üblich war, dass wir bei den letzten drei Nummern der Show alle zusammen spielten. So verbrachte ich einige Monate damit, Michael McDonalds Rhodes zu spielen und es spielte sich ungefähr wie Wellblech. Im Gegensatz dazu hatten die meisten neuen Rhodes eine Mechanik, die so steif war wie der Rahmen eines IKEA-Futons und es dauerte Jahre, bis sie gut spielbar waren, bevor sie schlussendlich, wie das Rhodes von Michael, hoffnungslos schwammig wurden.

Als ich kürzlich Dan Goldman dabei zuhörte, wie er das MK8 auf Herz und Nieren prüfte, fiel mir auf, dass man zwischen dem Preamp- und dem Equalizer-Panel nicht nur den gewünschten statischen Ton und die gewünschte Klangfarbe einstellen, sondern auch automatische und pedalgesteuerte analoge Wah-Effekte erzeugen kann.

Mit dem Vari-Pan kann man nicht nur einfache langsame und groovige Pans einstellen, sondern auch die Geschwindigkeit des Pannings bis in den Bereich der Ringmodulation steigern. Außerdem gibt es vier verschiedene Pan-Wellenformen: Rechteck, Sägezahn, Dreieck und Sinus. Die Tastatur wird so zu einem polyphonen Resonator. Das Signal des reinen Klaviers kann dann mit dem bearbeiteten/modulierten vermischt werden.

rhodes mk8 with lid up
Rhodes MK8

Das Großartige dabei ist, dass es sich bei der Klangquelle nicht um eine feste Rompler-Wellenform handelt, sondern um ein lebendiges, atmendes analoges Signal, das sozusagen von Dingen ausgeht, die auf andere Dinge treffen, mit all der Musikalität und den unendlichen Ebenen der menschlichen Kontrolle, die damit einhergehen.

Ich finde es sehr reizvoll, dass man unter den Fingern eine Präzisionsklaviatur von Kluge, also wie auf einem Steinway-Flügel, und einen seidenweichen Rhodes-Sound hat, der sich durch Drehen eines Reglers oder Drücken eines Fußpedals in ein knurrendes Synthesizer-Monster verwandeln lässt. Und dabei ist das optionale FX-Panel noch gar nicht berücksichtigt

Dan Goldmans jahrelange Erfahrung in der Wartung von Rhodes-Pianos hat ihm einen einzigartigen Einblick gegeben, welche Teile dazu neigen, auszufallen, sowie welche Modifikationen regelmäßig gewünscht werden. Gepaart mit einer strengen Qualitätskontrolle, sollte das Ergebnis sowohl begehrenswert als auch zuverlässig sein.

control face of the mk8 right side
Rhodes MK8

Beim MK8 wurden zum Beispiel die Neopren-Hämmer, die sich schnell abnutzen, durch neu entwickelte Polymer-Hämmer ersetzt. Außerdem verrutschen die Stimmfedern nur dann, wenn man das Instrument wirklich stimmen muss und unter den Tonabnehmern befinden sich Unterlegscheiben, um sie fest abzusichern. Ein neu entwickeltes Flexi-Cable-Sustain-Pedal sorgt dafür, dass es nicht ständig rausfällt und dass die Dämpfungsstärke eingestellt werden kann—zusätzlich gibt es sogar noch eine Grip Mat.

Das sind nicht einfach nur Spielereien. Es handelt sich hier um praktische und wichtige Verbesserungen, die einem viel Ärger im Leben mit dem Rhodes ersparen.

Was fehlt also? Abgesehen von den fast zehn Riesen, die hinterher auf dem Bankkonto fehlen, ist das auffälligste Manko MIDI. Das steht auf der Produkt-Roadmap und der Plan ist, es als Nachrüstoption anzubieten. Ich verstehe Dans Argument, dass sie zuerst das mechanische/analoge/physikalische Design richtig hinbekommen wollten—und das haben sie wirklich geschafft—aber MIDI ist allgegenwärtig und das MK8 wäre ein toller Controller.

rhodes mk8 from above left, with pedal
Rhodes MK8

Aus der Ferne betrachtet—wie gesagt, dies ist eine Vorschau und kein Testbericht—haben Rhodes Music und Dan Goldman unglaubliche Arbeit geleistet und ein Gerät gebaut, das im Grunde genommen ein Traum für Rhodes-Liebhaber ist: solide, aber anpassbar; analoger Signalweg und Schaltung, aber unter digitaler Kontrolle; leicht (75 Pfund); mit jeder Menge netter Features.

Billy Preston hat die Welt umgehauen, als er das neue Sparkle-Top-Rhodes 1969 auf der Beatles-Single "Get Back" einsetzte. Donald Fagen katapultierte uns durch die 80er Jahre. Außerdem sind da noch Herbie, Chick, Amy und all die anderen. Alles, was es jetzt braucht, ist ein neues und inspiriertes Paar Hände, um das MK8 in die nächste Phase der außergewöhnlichen Reise des Fender Rhodes Pianos zu führen.


Über den Autor: Julian Colbeck spielte Keyboards bei Charlie, der Yes-Supergroup ABWH und Steve Hackett. Derzeit betreibt er zusammen mit Alan Parsons ASSR (Art & Science Of Sound Recording). Er hat viele Bücher über Musiktechnik geschrieben, darunter die Keyfax Einkaufsführer (1984-'98) und ASSR: The Book (2014).

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